Nachtsichtgerät oder Kleinwagen? Warum nicht beides?
Tschechien, Protector XV
Es ist Donnerstagnacht, etwa 23 Uhr. ISAF HQ. Wir werden gerufen um eine Verhaftung vorzunehmen. Der Himmel ist bewölkt, es ist stockfinstere Nacht. Gerade im Wald, keinerlei Licht dringt durch die dichten Baumkronen.
Ich schaue mich um – für mich ist es taghell. Alles ist weiß erleuchtet. Ich sehe die Leute, die mit uns rausgefahren sind, manchmal scheint es als ob sie leicht stolpernd durch die Gegend laufen. Kein Wunder, sie haben im Gegensatz zu mir kein Nachtsichtgerät vor den Augen. Ich schaue rechts und links an meinen 4G Röhren vorbei und denke mir „WTF? Wie sehen die ohne NVG überhaupt irgendwas?“
Ich habe ein DTNVG AVS an meinem Helm befestigt, neueste Röhren, mit weißem Phosphor gefüllt. D.h. Ich sehe alles in weißem Licht, nicht wie man es von NVGs normal gewöhnt ist eher grünlich. Zwei Röhren im Gehäuse sorgen für bestes räumliches Sehvergnügen und das mitten in der pechschwarzen Nacht.
Einzig die Fokussierung bereitet mir etwas Probleme. Denn einen Autofokus gibt es leider nicht. D.h. Wenn man sich auf eine bestimmte Entfernung eingestellt hat, ist alles was näher oder ferner ist verschwommen und man muss ggf. nachkorrigieren. Hier halfen mir die Tipps von erfahrenen Nachtsichtgeräte Usern helfen. „Einfach den weit gelegensten Punkt fokussieren und darauf scharf stellen, macht sich am besten.“
Gesagt, getan. In der Entfernung ist alles perfekt, gestochen scharf, Dioptrineinstellung natürlich vorher nicht vergessen. Direkt vor mir verschwimmt allerdings alles. Ungünstig wenn man z.B. an seiner Waffe manipulieren muss. Es lohnt sich also, seine Ausrüstung auch „blind“ bedienen zu können.
Plötzlich zischen auf einmal Kugeln aus dem Wald. Das Geräusch der Fahrzeuge hat wohl die Rebellen alarmiert! Ich spüre wie das Adrenalin durch mich strömt, gerade deshalb spielt man schließlich Airsoft. Ein ungewohnter Gedanke macht sich allerdings in meinem Kopf breit: Ich mache mir Sorgen! Schließlich habe ich den Wert eines Kleinwagens auf dem Kopf. Was, wenn eine Kugel das Gerät trifft? Was wenn ich stolpere und das Gerät dabei beschädige? Sicher, meine Versicherung übernimmt das, trotzdem, der Gedanke nagt in meinem Hinterkopf.
Schließlich ziehen sich Rebellen zurück, die starke und laute Gegenwehr aus unseren leistungsstarken Maschinengewehren hat ihnen wohl die Lust am „Kampf“ genommen. Vielleicht war es aber auch die technische Überlegenheit unserer Einheit, in der schließlich mehrere Spieler mit guten NVGs ausgestattet sind. Ich werde wohl nie wissen, was genau sie zum Abbruch ihres Angriffes bewogen hat, aber das ist auch unwichtig.
Unseren eigentlichen Auftrag mussten wir allerdings unverrichteter Dinge abbrechen: Die Zielperson war am angegeben Ort leider nicht aufzufinden, vielleicht waren die Rebellen schneller als wir, vielleicht war unsere Aufklärung mangelhaft - sowas kann man am Ende nie genau sagen.
Komischer Einstieg in ein Review, oder? Aber der Reihe nach, worum geht es eigentlich?
Das Unternehmen NightTec aus Berlin (
www.NightTec.net), bietet neben dem Verkauf von Nachtsichtgeräten einen insbesondere auf Airsoftspieler ausgerichteten Service an: Den Verleih von Nachtsichtgeräten der neuesten Generationen. Tom, der CEO von NightTec ist selbst Airsoftspieler, daher die Geschäftsidee. Wenn man, wie ich selbst, gerne mehrtägige Milsim Events besucht wünscht man sich für Nachteinsätze ein Nachtsichtgerät. Leider sind die Geräte der neueren Generationen alles andere als günstig und jenseits von dem was man sich „mal so eben“ leisten kann. Zumal: Selbst wenn man bereit ist, mehre tausend Euro in ein Nachtsichtgerät zu investieren … wie oft nutzt man es tatsächlich? Mehr als eine Handvoll entsprechender, mehrtägiger, Events pro Jahr sind bei mir schlicht nicht machbar. Einige Bekannte, die entsprechende Geräte besitzen bestätigen meine Meinung. Man benutzt sie eigentlich zu selten um von einer „rentablen“ Anschaffung zu sprechen. NightTec bietet hier also eine Lösung für ein (Luxus-) Problem. Einen Service den ich gerne mal ausprobieren wollte.
Tom hat mir für das vergangene Event Protector XV in Tschechien sein leistungsstärkstes Gerät, ein DTNVG AVS mit Photonis 4G Echo+ Röhren 2200FOM und weißem Phosphor, geliehen. Die Details zum Gerät findet Ihr hier:
http://nighttec.net/produkt/dtnvg-avs-ph…-phosphor-copy/
Die Mietung eines solchen Nachtsichtgeräts läuft wie folgt ab:
Auf der Webseite von NightTec gibt es verschiedene Nachtsichtgeräte zur Auswahl, Mono- oder Binokular, weißer Phosphor, grüner Phosphor, DTNVG, PVS14, Lunox.
Die Auswahl an Geräten, Röhren und Mounts wird in den nächsten Monaten sicher noch ansteigen.
Hat man sich für ein Gerät entschieden fragt man bezgl. der Verfügbarkeit an. NightTec antwortet dann recht zügig, Preis und Verfügbarkeit wird im weiteren Verlauf geklärt.
Gut verpackt in Hardcases.
Ich habe mein Gerät persönlich beim Event überreicht bekommen, was zum Service von NightTec gehört. Zusammen mit einer L4G24 Mount kam das Gerät sicher verwahrt in einem Koffer.
Der Vertrag wurde unterzeichnet und schon hatte ich für die Dauer des Events (insgesamt 5 Tage) das DTNVG in meinen Besitz. Eine kurze Einweisung gab es natürlich auch noch.
Die Kosten für ein solches Highendgerät, es hat einen Neupreis von etwa 14 000€, für das gesamte Event betragen 550€. Wohlgemerkt für 4 komplette Nächte! Bei kürzeren Events ist der Preis entsprechend angepasst. Mit meinen insg. 5 Tagen war ich bereits in der teuersten Kategorie. Für kürzere Events gibt es das Gerät also durchaus günstiger. Trotzdem: Kein Pappenstiel, aber im Vergleich zum Neupreis eben nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Deswegen auch meine anfängliche Frage; NVG oder Kleinwagen?
Ich hatte das derzeitige Topmodell, es geht bei NightTec allerdings auch deutlich günstiger: Monokulare wie das PVS14 mit nicht ganz so leistungsstarken Röhren kosten dann ab 190€ für das Event. Die Lunox Monokulare gehen schon ab 150€ los. Bei den Monokularen ist ebenfalls eine Mount und der passende Jarm zur Montage im Preis inbegriffen.
Im Vorhinein ist eine Kaution fällig. Diese liegt je nach Gerät zwischen 350€ und 1500€. Die Kaution kann auch per Paypal bezahlt werden, so hat man das Geld nach dem Event, sofern es zu keinen Problemen gekommen ist, auch schnell wieder zurück.
Knifflig wird es allerdings beim Thema Versicherung. Mit der Miete des Geräts geht die Verantwortung voll auf den Mieter über. Er sollte deshalb vorher mit seiner Haftpflichtversicherung klären ob Verlust oder Beschädigung abgedeckt sind und ggfs. eine Zusatzversicherung abschließen. Vom Vermieter selber wird eine solche Versicherung zZt. leider nicht mit angeboten. Man sollte das Thema deshalb nicht negativ sehen, aber eben beachten. Man leiht sich schließlich auch keinen Ferrari für ein Wochenende ohne entsprechende Versicherung aus.
Auf der Protector XV hatte ich noch drei weitere Male die Gelegenheit auf Nachtmissionen das Gerät zu verwenden. Ein mulmiges Gefühl blieb bei mir aufgrund des hohen Wertes, den man sich ausgeliehen hat bestehen. Auch ein Grund hierfür: Die vom Anbieter mitgelieferte Befestigung (Mount) war eher subotimal und passte nur an wenige Helme (Wir probierten das Ganze im Team aus). Nach dem Event habe ich das Thema bei Tom von Nighttec angesprochen: Es wird hier nachgebessert und neben der Mount in Zukunft auch die passende Shroud mitgeliefert.
Für das Event konnte mir jedenfalls eine passende Shroud „schnorren“, so dass das Gerät sicher auf dem Helm saß und mit allerlei weiteren Leinen (die eh am Helm sind für die Sicherung) festgemacht wurde.
Am Ende des Events konnte ich das Gerät dann wieder übergeben, die Kaution gab es auch direkt wieder zurück.
Mein Fazit:
Es ist schon ein geiles Gefühl mit einem solchen Gerät durch die Nacht zu laufen. Anders kann man es nicht ausdrücken. Klar, die Kosten sind nicht unerheblich, aber was ist in unserem Hobby schon günstig? Bevor man solche Investitionen tätigt sollte man sich ohnehin gut überlegen, ob man (überhaupt) oft nachts unterwegs sein wird und einen entsprechenden Nutzen erwarten kann. Beantwortet man diese Frage nach dem Nutzen mit ja, sind neben Waffe, Ausrüstung, Spielgebühr und Anfahrt eben noch die Kosten für ein Nachtsichtgerät einzuplanen. In diesem Kontext klingen die 150-550€ Mietgebühren dann schon nicht mehr ganz so schlimm wie im ersten Moment vielleicht.
Grundsätzlich stellt sich immer die Frage, ob man besser kauft oder mietet, in meinem Fall zumindest lohnt sich das Mieten gegenüber dem Kauf in jedem Fall. Zudem habe ich immer funktionierende Geräte zur Hand und muss mich nicht um Wartung oder Reparaturen kümmern. Außerdem ist davon auszugehen, dass NightTec in Bezug auf die Technik „up to date“ bleibt und man somit auch in ein paar Jahren immer aktuelle Technik bekommt. Selbst wenn ich die nächsten Jahre meiner Airsoftkarriere im Detail planen könnte (was ich nicht kann): Ich komme pro Jahr nur auf 2-3 größere bzw. längere Events bei denen sich das Mitführen eines Nachtsichtgerätes wirklich lohnt. Um wieder den Vergleich mit dem Kleinwagen aufzugreifen: Stellen wir uns vor ich bräuchte ein Fahrzeug nur für die 2-3 größeren Airsoftevents die ich besuche. Kaufe ich mir dann extra einen Kleinwagen der den Rest des Jahres in der Garage steht? Nein, ich, ich hole mir bei Bedarf einen Mietwagen und bin sorgenfrei. Bei dieser Art Rechnung kommt es natürlich immer auf die Person selbst an, denn zu viele Faktoren spielen hier rein. Spielt man z.B. alle zwei bis drei Wochen nachts, sieht kann sich ein Kauf durchaus lohnen, man muss ja auch nicht gleich die Spitzenklasse nehmen und ein günstigeres Gerät kaufen. Da wir bei „Günstig“ in Bezug auf Nachtsichtgeräte trotz allem immer noch leicht von mehreren tausend Euro reden: Man kann dem Service NightTec auch dazu Nutzen entsprechende Geräte erst einmal auszuprobieren und so feststellen ob überhaupt und welches Gerät für einen selbst in Frage kommt.
Betrachte ich das Ganze im Rückblick kann ich für mich festhalten:
- Der Ablauf der Vermietung war unkompliziert und klappte problemlos. Die Sache mit der Montage lasse ich hier bewusst aus der Wertung, da das Unternehmen noch recht neu am Markt ist und Besserung gelobt.
- Die Kosten wirken auf den ersten Blick recht hoch, bei genauerer Betrachtung relativiert sich das Ganze aber schnell. „Wir“ stecken nun einmal viel Geld in unser Hobby, hier muss jeder für sich selbst entscheiden was einem das Erlebnis wert ist.
- Das Erlebnis mit einem solchen „Top Notch“ Gerät im Gelände herumzulaufen ist wirklich etwas Besonderes. Es ist für mich die Art Erfahrung, die man in meinen Augen mal gemacht haben sollte.
Mir hat jedenfalls sehr viel Spaß gemacht und ich würde den Service bei Gelegenheit durchaus nochmal nutzen.
Informationen:
www.nighttec.net
(Entgegen meiner normalen Gewohnheit habe ich die Bilder diesmal in Originalgröße direkt eingebunden. Sollte es bei Jemandem bezgl. verfügbarer Internetbandbreite zu Problemen kommen beim betrachten, dass das Laden der Bilder zu lange dauert, sagt bitte kurz Bescheid. Dann würde ich noch kleinere Versionen als Vorschaubild einbinden. Ansonsten dachte ich, dass der Breitbandausbau mittlerweile gut genug vorangeschritten ist, dass man die Ladezeiten in Kauf nehmen kann.)