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Daisy / Maruzen Remington Wingmaster M870 + Airsoft History

Geschrieben von Pydracor

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  Daisy / Maruzen Remington Wingmaster M870 + Airsoft History
 

Intro

 

Ab und zu kommt es vor, dass man als geneigter Sammler auf etwas stößt, das sofort das Interesse weckt, auch wenn man vorher eigentlich gar nicht danach gesucht hat.

So geschehen vor ca. 3 Wochen bei egun, als ich eine Auktion für eine "Daisy Remington Wingmaster M870" fand.

Schon auf den Bildern wurde deutlich, dass diese offensichtlich ziemlich alte Shotgun doch tatsächlich Shotgunshells verwendet, ähnlich den Modernen Maruzen M870 Airsofts.

Sofort war klar: Die muss ich haben :D

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Annekdote: Daisy, Airsoft und "Softair"

 

Normalerweise käme hier meine übliche "Annekdote: Realsteel", diese spare ich mir aber ausnahmsweise, zumal es über die M870 eine Fülle an Informationen im Netz gibt.

Eine Annekdote zu Daisy zu schreiben, erschien mir da doch wesentlich interessanter.

 

Die Geschichte beginnt Ende des 19. Jahrhunderts in Plymouth, Minnesota.

Der Geschäftsmann Clarence Hamilton fand Investoren für seine Firma und gründete 1882 die "Plymouth Iron Windmill Company".

Ende der 1880er Jahre suchte er unter dem Druck der Konkurrenz nach neuen Wegen, Kunden zu werben und hatte eine Idee: Ein Freund von Hamilton hatte ein Luftgewehr aus Metall entworfen, alle anderen Luftgewehre waren zu dieser Zeit noch aus Holz. Hamilton ging mit ihm eine geschäftliche Partnerschaft ein und gab zu jeder verkauften Windmühle (oder Windrad, was auch immer das genau für Dinger waren :)) ein solches Luftgewehr dazu.

 

1886 testete Lewis Cass Hough, der zu dieser Zeit Präsident der Firma war, eines dieser Luftgewehre und wenn man der History auf Daisy's Homepage glauben schenken kann, rief er begeistert : "Boy, that's a daisy!"

 

Die metallenen Luftgewehre, die einer echten Waffe maximal ähnelten, schlugen ein wie eine Bombe.

1895 verkaufte die Plymouth Iron Windmill Company mehr Luftgewehre als Windmühlen, stellte den Windmühlenverkauf ein und der Vorstand beschloss, den Firmennamen zu Ehren der Luftgewehre in "Daisy" umzuändern.

 

Schon in den frühen Jahren der Luftgewehrgeschichte verschossen diese Waffen Bleikugeln im Kaliber .185, die als BB bezeichnet wurden.

Auch als später das Kaliber .175 hinzukam wurde der Name BB beibehalten und noch heute heißen Luftgewehre in den USA "BB Guns". Solltet ihr das also mal hören, verwechselt es nicht mit Airsoft, auch wenn unsere Munition ebenfalls BB heißt :)

 

Hamilton begann, die Produktpalette durch .22 Gewehre zu erweitern und verkaufte 1898 die Luftgewehr-Firma Daisy, um sich voll und ganz auf die .22 Waffen zu konzentrieren.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch der Werdegang der Hamiltons erwähnt:

Clarence Hamilton's Sohn widmete sich fortan den .22 Waffen und hatte bis zum zweiten Weltkrieg immensen Erfolg mit der neu gegründeten "Hamilton Rifle Company of Plymouth". Nach dem zweiten Weltkrieg, während dem sich die Hamilton Rifle Company um den Bau echter Waffenteile kümmerte, brach das Interesse an .22 Gewehren massiv ein und die Firma schloss ihre Pforten.

 

Daisy hatte mit ihren Luftgewehren einen unvergleichbaren Erfolg und sah bereits in den ersten 10 Jahren des 20. Jahrhunderts ca. 30 Konkurrenzfirmen kommen und gehen. Ab 1902 war Daisy satte 60 Jahre lang unter ein und derselben Firmenleitung und baute ihren Erfolg immer weiter aus.

Bennet und Hough führten die Firma mit sicherer Hand durch zwei Weltkriege, eine schwere Wirtschaftskrise und diverse andere schwere Zeiten und starben Ende der 50er.

 

In den 60ern begann Daisy mit Produktreihen, die optisch an reale Vorbilder angelehnt waren, wie ihre Modell 94, das einem Winchester 1894 Unterhebelrepetierer nachempfunden war.

Da sie die Produktion von Waffenrepliken-Luftgewehren als festen Bestandteil ihrer Produktpalette weiterführten, ist es eigentlich gar nicht so verwunderlich, dass sie früher oder später auf Airsoft stießen.

 

Daisy interessierte sich Mitte der 80er Jahre für Airsoft, als es in Japan bereits einen immensen Beliebtheitsgrad genoss und auch immer mehr nach Amerika herüberschwappte.

1986 begann Daisy damit, diverse Airsoftmodelle von Maruzen, sowie ein Modell von FTC (Falcon Toy Corporation) zu importieren. Bei sämtlichen importierten Modellen handelte es sich um Springer, die einzelne 6mm BBs aus realistisch aussehenden Hülsen verschossen und beim Repetieren die Hülse auswarfen.

 

Besonders interessant:

Daisy wollten für "ihre" Produktlinie nicht einfach den Namen Airsoft aus Japan übernehmen und entschieden sich für eine einfach Wortumkehr: Sie nannten ihre importierten Waffenrepliken Softair.

Es scheint also nicht gerade unwahrscheinlich, dass der volkstümliche Irrglaube in Deutschland, bei unserem Hobby handele es sich um Softair statt Airsoft, von dieser Namensumkehr von Daisy herrührt.

 

Daisy führte folgende Airsoftmodelle:

 

Langwaffen und MPs:

  • Model 12: KG-9 (TEC-9 with silencer)

  • Model 13: Mini-Uzi

  • Model 14: Ruger Mini-14 with pistol grip

  • Model 15: H&K MP5K

  • Model 870: Remington 870 Wingmaster Pump shotgun

 

Pistolen:

  • Model 4: Colt Python .44

  • Model 8: Luger 9mm

  • Model 9: Beretta M-92 U.S. Army sidearm

  • Model 38: Walther P-38

  • Model 45: Colt .45 Auto U.S. Army sidearm

  • Model 57: .357 Magnum revolver

  • Model 59: Smith and Wesson Model 59 automatic

 

Alle Modelle wurden von Maruzen gebaut, nur Model 15: H&K MP5K kam von FTC.

Vor allem die MP5, die KG-9 und die Mini-14 wirken vom Aussehen her eher seltsam, da sie über einen Pumpgriff verfügen, über den man sie repetieren konnte. Es waren also nicht alles akkurate Nachbauten.

 

Waffengegner in den USA liefen Sturm gegen Daisy's "Softair"-Repliken, die einen bis dahin nicht gekannten Grad an Realismus boten. Daisy warb tatsächlich unter anderem mit Sprüchen wie:

"So accurate in detail you'll swear it's the real thing!...a 'must have' for paramilitary enthusiasts of all ages!"

und bei einem solchen öffentlichen Auftreten wundert es wohl keinen, dass Daisy den Verkauf bereits im nächsten Jahr unter dem Druck der Waffengegner einstellte.

Die Firma scheint bis zum heutigen Tage nicht gerade stolz auf diese Zeit zu sein und reagiert nicht auf entsprechende Anfragen.

 

Stößt man heute auf eine Daisy "Softair", kann man also relativ leicht einige Fakten feststellen:

Die "Softair" stammt auf jeden Fall aus dem Zeitraum 1986 – 1987.

Sie ist mit großer Wahrscheinlichkeit eigentlich eine Maruzen (oder FTC, wenn's denn eine MP5 ist)

Sie ist hülsenbetrieben und ein Springer mit ziemlich geringer Schussstärke.

Sie ist verhältnismäßig selten, wobei Model 14: Ruger Mini-14 und Model 15: H&K MP5K die seltensten und wertvollsten sind. Generell wird man diese Daisys kaum außerhalb der USA antreffen.

 

 

Model 870: Remington 870 Wingmaster Pump shotgun
 

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Die Maruzen Remington Wingmaster M870 ist meines Wissens nach die erste hülsenbetriebene Airsoft-Shotgun und kam 1982 auf den Markt.

Der entsprechende US Import von Daisy dürfte identisch zu diesem '82er Modell sein, stammt aber – wie schon erwähnt – aus der Zeit 1986 – 1987.

Die heute besser bekannte Maruzen Remington M870 (das Schwestermodell der auch hier in Deutschland erhältlichen M1100) müsste Anfang der 90er erschienen sein, dazwischen gab es einige Maruzen M870 Modelle, die keine Hülsen verwendeten.


 

Der Ersteindruck ist, um es nicht zu hart zu formulieren, bescheiden.

Optisch fällt einem als erstes das vor allem nach heutigem Standard vollkommen lächerliche Holzimitat auf, das den Namen Holzimitat eigentlich gar nicht verdient hat... Es ist furchtbar hässliches, braunes Plastik, das mit einer kaum sicht- oder fühlbaren, viel zu feinen Holzstruktur versehen wurde.

daisym870stock

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Das Plastik des Body's sieht gar nicht mal so schlecht aus, der Lauf glänzt etwas zu stark und nur die Magtube wirkt mit ihrem matten, alten Look richtig gut.

daisym870magtube


 

Die Daisy M870 hat sogar einige Metallteile mehr, als man es vielleicht erwarten würde, die Bauqualität lässt aber zu wünschen übrig.

Body, Pumpgriff, Schulterstütze, Abzugbügel und der Steg über dem Lauf sind aus "bestem" 80er Jahre Plastik, der Lauf, die Magtube, der Abzug, die Sicherung und der Lademechanismus sind aus (billigem und leichtem) Metall. Die Flinte kommt auf gerademal 1520g Gewicht, was vor allem durch die immense Länge von knapp 1,05m ziemlich lächerlich und "spielzeugmäßig" wirkt.
 

Das Hauptproblem ist aber eher, wie das ganze zusammengefügt ist, denn das, was die M870 macht als "Barrelwhobble" zu bezeichnen ist fast noch eine Untertreibung, die ganze vordere Hälfte wackelt ordentlich von links nach rechts, von oben nach unten. Ich habe noch keine Schraube oder ähnliches gefunden, die man anziehen könnte, um dieses Problem zu beheben.

Schulterstütze und Pumpgriff wackeln ebenfalls einige Millimeter (nicht sooo schlimm) und knarzen und quietschen, wenn man sie etwas härter anpackt.

 

Mit Markings hat Daisy wahrlich nicht gespart.

Unter einem absolut nicht zu übersehenden "Daisy" auf der rechten Seite des Gehäuses findet man in kleiner: "Model 870 25 CAL. (6mm) Plastic Shot", weiter vorne steht zudem: "Free instruction manual write Daisy, Rogers AR 72757". Wäre eigentlich echt mal ein Gag, denen zu schreiben und nach einer Anleitung zu fragen... :)

Das kleine "Made in Japan" unter diesem Hinweis ist das dezenteste Marking auf der Shotgun.

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Die linke Seite ziert dann tatsächlich ein authentischer Remington Schriftzug, gefolgt von "870 Wingmaster". Jeglicher Anflug von Realitätsnähe wird aber vom genausogroßen "DETAILED REPLICA BY DAISY" wieder zunichte gemacht... hier wollte man wohl auf Nummer sicher gehen, hätte ja sein können, dass jemand das große "Daisy" auf der rechten Seite doch übersehen hat :)

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Die Sicherung ist korrekt nachgebildet: Ein Metallknopf am Abzugsbügel, der in der ungesicherten Position einen roten Ring hat. Insgesamt wirkt die Abzugs- und Sicherungstechnik der moderneren Maruzen M870 sehr ähnlich, hier wurde offensichtlich für das neuere Modell nicht viel weiterentwickelt (wäre an dieser Stelle auch nicht nötig gewesen).


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Die Shells sind ziemlich klein und komplett aus Plastik, im unteren Bereich wurde Metallic-Farbe verwendet, um den Hülsenboden echter Schrothülsen nachzuahmen.

Ein großes Problem der Shells ist, dass sie nicht wie bei modernen Modellen üblich einen Gummiring an der Oberseite haben, der die BB nach dem Reindrücken in der Shell hält.

Die BB kann also einfach aus der Hülse rausrollen, was vor allem dann blöde ist, wenn man eine Hülse geladen hat und die Flinte mit der Mündung nach unten hält...

daisym870shell
 

Geladen wird die M870 wie ihr reales Vorbild: Die Shells werden über die Ladeöffnung in die Magtube geschoben.

daisym870shellladen

 

Dabei müssen sie ein Stück weit reingedrückt werden, sodass sie "einrasten" und nicht von selbst wieder rauskommen.

daisym870shelldrin
 

Dann zieht man den Pumpgriff nach hinten. Dies geht wesentlich schwerer von statten als bei modernen Gas Airsoft (oder echten Shotguns), da man natürlich neben dem Lademechanismus auch die Feder für den folgenden Schuss mitspannen muss.

Die erste Shell in der Magtube wird dabei auf den Zubringer geladen.

daisym870pumphinten
 

Bewegt man jetzt den Pumpgriff wieder nach vorne, hebt der Zubringer die Shell nach oben und der Verschluss drückt sie vor ins "Patronenlager". Man muss hier etwas Fingerspitzengefühl walten lassen, da die Shell manchmal verkeilt.

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Ist der Griff wieder ganz vorne, ist der Verschluss zu, die Shell im "Patronenlager" und die M870 schussbereit.

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Mit einigem Kraftaufwand kann man jetzt den Abzug betätigen und die BB aus dem Lauf schicken. Die Power ist ziemlich gering, wie man an diesem Foto recht gut sieht. Dies waren wohlgemerkt 4 Einzelschüsse, keine Salve mit 4 BBs :)

daisym870power

Man kann die Shells auch mit mehr als nur einer BB laden, die Power sinkt dann aber so dramatisch, dass 3 BBs nicht mal mehr Papier durchschlagen.

Beim Repetieren wird jetzt zumindest meistens (schätzungsweise in 7 von 10 Fällen) die leere Hülse ausgeworfen und ebenfalls zumindest meistens auch die nächste Shell halbwegs fehlerfrei geladen.

 

Die Daisy / Maruzen Remington Wingmaster M870 ist ein absolut reines Sammlerstück, mit ihr kann man außer ein bisschen Zimmershooting eigentlich gar nichts anfangen. Die Qualität ist viel zu niedrig, die Hülsen müsste man im Spiel wieder einsammeln (oder einen Hülsenfangsack verwenden), die Schussstärke ist extrem schwach und die Airsoft ist durch ihre Länge recht unhandlich. Sie sieht nichtmal gut genug aus, um sie an die Wand hängen zu können.

Somit dürften nur Classic-Freaks Gefallen an ihr finden – was wohl der Grund dafür ist, dass sie mir gefällt :D

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Es handelt sich hier um den Urvater aller shellbetriebenen Airsoft-Shotguns, die M870 ist somit ein Stück Airsoftgeschichte. Nicht mehr, aber sicher auch nicht weniger.
 

Pydracor

 

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